Ich bin schnell für Neues zu begeistern. Neugierig. Offen. Auch Menschen gegenüber. Ich finde es interessant, mich mit Menschen zu unterhalten, die ich noch nicht kenne. Manchmal ist es dabei aber schon passiert, dass ich meine alten Freunde deshalb vernachlässigt habe. Weil ich neue Freunde dazugewinnen wollte, auch für Jesus. Mein Fokus kann dabei aber so krass sein, dass ich mich nurmehr um die Neuen bemühe. Und gar nicht merke, dass ich alte Freunde verliere. Ich hab aber nicht so viele alte Freunde. Alte Freunde sind selten und wertvoll und man muss sie wertschätzen. Sie brauchen Aufmerksamkeit und Zeit. Ich bin da leider oft vergesslich und lebe von einem Moment auf den nächsten. Kann mit jedem gut befreundet sein, der gerade verfügbar ist. Aber Tiefe kommt mit der Zeit, mit den gemeinsamen Erlebnissen. Und ich merke immer mehr, wie reich beschenkt ich schon mit allen Freundschaften bin, die ich über die Jahre schließen hab dürfen. Und da gibt es einige, wo es sich lohnen würde, wieder neu anzuknüpfen. Ich bete, dass der Heilige Geist mich wieder neu mit den richtigen Leuten zusammenbringt. Mir dabei hilft, nicht nur Freundschaften zu beginnen, sondern auch sie fortzuführen. Nachzufragen wies geht, für andere da zu sein.
Die Gefahr des Übersammelns an Kontakten besteht auch in der Kirchengemeinde. Wie Äpfel sammeln in einen Korb mit Loch. Neue Äpfel aufklauben und gar nicht merken, wie andere wieder rausfallen.
Ich hab manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich nicht gut um meine Freunde oder Geschwister kümmere. Aber schlechtes Gewissen haben ist doof. Entweder man macht etwas dagegen oder man sollte keines haben, hat mir mal eine weise Freundin gesagt. Weil ein schlechtes Gewissen niemanden hilft.
Ich kann mich nicht um alle kümmern. Ich muss nicht alle unterhalten oder glücklich machen. Ich muss nicht von allen gemocht werden. Ich mache Fehler. Ich vergesse Namen und Geburtstage. Ich tendiere dazu, ungefragt Ratschläge zu geben. Aber ich kann auch eine gute Freundin sein. Ich bin hilfsbereit und ermutigend. Und vielleicht muss ich für niemanden alles sein. Vielleicht ist jeder von uns nur ein Teil vom Ganzen. Vielleicht ist meine Aufgabe genau so zu sein, wie Gott mich gemacht hat. Mit allen Lücken.
Ich muss gerade an Winnie the Pooh denken. Die Freunde im Hundertmorgenwald sind so unterschiedlich! Und doch ist jeder liebenswürdig. Interessanterweise kann ich mich mit jedem identifizieren: bequem wie Pooh, besserwisserisch wie Rabbit, chaotisch und wild wie Tigger. Nur wie Ferkel und Iah bin ich selten! Jeder hat seine Stärken. Besonders auch in einer christlichen Gemeinschaft. Ich bin dankbar für alle meine Geschwister. Die leisen und die lauten. Die lustigen und die nachdenklichen. Die organisierten und die chaotischen. Wir sind ein bunter Haufen. Und wir können einander so viel geben. So viel voneinander lernen. Ich bin froh, dass ich sie hab! Ich will sie nicht vergessen und unabsichtlich verlieren.
Gut, dass Menschen keine Äpfel sind, sondern eher Schafe. Und die verliert man zwar manchmal auch, aber da gibt es einen Hirten, der sie nie aus den Augen verliert, ihnen nachgeht und sie wieder zur Herde zurückbringt.
Gut, dass ich nicht dieser Hirte bin (obwohl ich gerne lernen möchte, eine Hilfshirtin zu sein), sondern Jesus. Ich muss nicht seinen Job machen. Muss niemanden retten oder glücklich machen. Das löst das schlechte Gewissen auf. Ich muss nicht geben, was ich nicht geben kann und darf. Ich bin selbst nur ein Schaf, wenn auch teilweise ein Leitschaf. Und ich hoffe, ich verlauf mich nicht und andere folgen mir in die Irre. Aber genau deshalb muss ich fest auf Jesus schauen. Die Leitschafe folgen dem Hirten und helfen ihm, die Herde zu führen. Und der Hirte passt besonders darauf auf, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Sonst schnappt er sie mit seinem Hirtenstab und holt sie zurück.
Verantwortung und Vertrauen. Folgen und führen. Gehorsam und Mut.
Ich will eng mit Jesus gehen, dann wird das schon.
Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir.
Ihnen gebe ich das ewige Leben, und sie werden niemals umkommen.
Keiner kann sie aus meiner Hand reißen.
Johannes 10, 27-28